Das Eintracht-Stadion ist nach Zuschauerplätzen das viertgrößte Leichtathletik Stadion mit einer vom Weltverband World Athletics (WA) zertifizierten Anlage in Deutschland. Auch wenn sich der eine oder andere Fußball-Fan wünschen würde, in den Kurven etwas dichter am Fußballplatz sitzen oder stehen zu können: Für die Sportstadt Braunschweig ist Leichtathletik im Eintracht-Stadion ein wichtiger Standort-Faktor. Ein Höhepunkt in der neueren Leichtathletikgeschichte des Eintracht-Stadions ist die European Athletics Team Championships, die gemeinsam vom DLV und der Stadthalle Braunschweig Betriebs GmbH als Betreiber des Stadions ausgerichtet wurde.
Fragen an…
Stadion-Betreiber Chef Stephan Lemke über das nationale und internationale Leichtathletikgeschehen im Eintracht-Stadion.
Interview
Ein reines Fußball-Stadion oder ein Fußball-Stadion mit Leichtathletikanlage – stand man in Braunschweig überhaupt einmal vor dieser Entscheidung?
Durchaus. Mit Übernahme des Stadions durch die Stadthalle Braunschweig Betriebs GmbH 2006 wurden die Sanierungs- und Umbaupläne des Stadions konkretisiert. Es begann eine Diskussion, ob in diesem Zuge die Leichtathletikanlage erhalten bleiben soll oder ein reines Fußballstadion entstehen soll. In der öffentlichen und politischen Diskussion waren die Meinungen durchaus different, aber schließlich entschied man sich für den Erhalt der Leichtathletikanlage. In Deutschland sind nur noch wenige Städte in der Lage, Deutsche Meisterschaften auszurichten. Für den Standort Braunschweig ist Leichtathletik also ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Insgesamt aber profitiert der Standort von der Anlage, die ja auch intensiv zu Trainingszwecken genutzt wird.
Wann fand in die erste Deutsche Meisterschaft im Eintracht-Stadion statt?
Die erste Deutsche Meisterschaft der Frauen wurde bereits 1926 im Eintracht-Stadion organsiert. 1941 fand im Eintracht-Stadion die bis dahin größte Leichtathletik-Veranstaltung der Stadt statt. Erst 2000 war es dann wieder so weit – damals auf einer frisch eingebauten Laufbahn. Als Qualifikation für die Olympischen Spiele in Sydney wurde diese Meisterschaft mit zwei ausverkauften Tagen zu einem Riesenerfolg. Unter der damaligen Leitung des MTV-Präsidenten Otto Schlieckmann wurde mit viel Engagement eine standardsetzende Veranstaltung organisiert. Auch die nächste Qualifikationsmeisterschaft für die Olympischen Spiele in Peking fand 2004 erneut in Braunschweig statt, gefolgt von Deutschen Jugendmeisterschaften oder auch dem ARD Live-Format Promi-Leichtathletik. 2010 konnte erstmals, noch ohne neue Westtribüne, eine Deutsche Meisterschaft mit rund rum geschlossenem Stadion abgehalten werden.
2014 stand Braunschweig dann das erste Mal sogar im Fokus der internationalen Leichtathletikszene…
Ja, die European Athletics Team Championships waren auch für mich persönlich der Höhepunkt in der Leichtathletikgeschichte im Eintracht-Stadion. Als Eigenveranstaltung der Stadthalle Braunschweig Betriebs GmbH musste ein Organisationkomitee gebildet werden, ein Etat von über 2 Millionen Euro aufgestellt und finanziert werden. Bestes Wetter und der Sieg der Deutschen Mannschaft trugen ein Übriges dazu bei, dass die Veranstaltung in Leichtathletik-Kreisen noch heute als Standard genannt wird. Erneut bewies das Braunschweiger Publikum seine Fachkenntnis und Begeisterungsfähigkeit. Die rund 25.000 Besucher für dieses Veranstaltungsformat waren bis dahin Rekord.
2020 fand im Stadion erneut eine DM der Leichtathletik statt – diesmal unter Corona-Bedingungen. Wie haben Sie diese Meisterschaft erlebt?
Die Planungen waren schon weit fortgeschritten, als im März die Corona-Pandemie begann. Intensive Diskussionen und Abstimmungen mit den zuständigen Behörden setzten ein. Kann man unter Corona-Bedingungen eine Meisterschaft durchführen? Schließlich wurde ein sehr umfängliches Hygiene-Konzept erarbeitet, welches die Organisations-Teams vom DLV und dem Stadionbetreiber umsetzen mussten. Ohne Zuschauer und unter komplett anderen Bedingungen wurde die DM durchgeführt und bewiesen, dass es auch unter strengen Auflagen geht. Im Nachgang wurden keine Corona-Infektionen im Zusammenhang mit den Deutschen Meisterschaften nachgewiesen.
Wie kam es, dass Braunschweig ein Jahr später wieder Ausrichter wurde?
In der Hoffnung für 2021 wieder „normale“ Bedingungen für die Veranstaltungsdurchführung zu haben, wurde die bereits an die Stadt Kassel vergebene DLM 2021 erneut nach Braunschweig gelegt, sozusagen als kleiner Ausgleich. Leider war die Pandemie auch 2021 nicht vorbei, sodass erneut eine Corona-Meisterschaft durchgeführt werden musste. Immerhin konnte das Land Niedersachsen überzeugt werden, wenigstens im Rahmen eines Modellprojektes 2.000 Zuschauer pro Tag in das Eintracht-Stadion zu lassen. Gute Einschaltquoten sorgten bei der fast vierstündigen TV-Übertragung auf ARD und ZDF für nationale Aufmerksamkeit.
100 Jahre Eintracht-Stadion ist für Sie…
…auch ganz viel Leichtathletik-Historie. Und für die nächsten 100 Jahre wünschen wir uns weiterhin tolle nationale und internationale Wettkämpfe in unserem blau-gelben Stadion.
